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Alles was Sie über DGUV Vorschrift 2 wissen sollten

DGUV Vorschrift 2 – Aufgaben, Betreuungsmodelle & Pflichten der Arbeitgeber

Die DGUV Vorschrift 2 ist eine deutsche Unfallverhütungsvorschrift, die für alle Unternehmen verbindlich ist. Sie enthält umfassende Regeln und Anforderungen zur Unfallverhütung und zum Arbeitsschutz. Unternehmen müssen die DGUV Vorschrift 2 einhalten, um ihre Mitarbeiter und Kunden vor möglichen Gefahren am Arbeitsplatz zu schützen. 

Für Unternehmen ist sie entscheidend, weil sie festlegt:

  • wie viele Betreuungsstunden notwendig sind,
  • welche Aufgaben eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) und ein Betriebsarzt haben,
  • welche Betreuungsmodelle es gibt und
  • wie die Arbeitsschutzorganisation im Betrieb aufgebaut sein muss.
DGUV Vorschrift 2 – Aufgaben, Betreuungsmodelle & Pflichten der Arbeitgeber – ITC Lexikon

Was ist die DGUV Vorschrift 2?

Die DGUV Vorschrift 2 („Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“) ist eine bundesweit geltende Unfallverhütungsvorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Sie beschreibt:

  • Umfang und Inhalte der sicherheitstechnischen Betreuung (durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit)

  • Umfang und Inhalte der arbeitsmedizinischen Betreuung (durch Betriebsärzte)

  • Zeitvorgaben (Betreuungsstunden) je Beschäftigten und Betriebsart

  • Aufteilung in Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung

Sie ist für alle Unternehmen mit Beschäftigten verpflichtend, unabhängig von Branche oder Betriebsgröße.

Die Vorschrift bildet damit die Grundlage, wie Arbeitsschutz organisatorisch funktioniert und stellt sicher, dass Arbeitgeber fachlich kompetent beraten und unterstützt werden.

Wer muss die DGUV Vorschrift 2 einhalten?

Jedes Unternehmen, das mindestens einen Beschäftigten hat:

  • Industrie- und Handwerksbetriebe

  • Dienstleistungsunternehmen

  • Pflege, Bildung, Verwaltung

  • Klein- und Kleinstbetriebe

  • Baugewerbe, Logistik, Produktion

  • öffentliche Betriebe

Es gibt keine Ausnahmen – nur unterschiedliche Betreuungsmodelle, die sich nach Betriebsgröße und Gefährdungsgrad richten.

Besonders wichtig:
➡️ Auch Minijobber, Aushilfen und saisonale Beschäftigte zählen als Beschäftigte.

Was sind die Ziele der DGUV Vorschrift 2?

Die Vorschrift soll sicherstellen, dass jeder Arbeitgeber:

  • fachlich korrekte Gefährdungsbeurteilungen durchführt,

  • präventive Maßnahmen plant und umsetzt,

  • Mitarbeiter unterweist,

  • technische und organisatorische Schutzmaßnahmen einhält,

  • arbeitsmedizinische Vorsorgen organisiert,

  • Unfälle und Berufskrankheiten vermeidet.

Kurz zusammengefasst:
Die Vorschrift sorgt dafür, dass Arbeitsschutz nicht „nebenbei“ passiert, sondern fachlich begleitet und professionell gesteuert wird.

Welche Betreuungsmodelle gibt es?

1. Regelbetreuung (Standardmodell für die meisten Betriebe)

Gilt für Unternehmen ab 10 Beschäftigten (bzw. alle Unternehmen, die sich nicht für das Unternehmermodell qualifizieren).

Die Regelbetreuung besteht aus:

A) Grundbetreuung (verpflichtend für alle)

Abhängig von der Gefährdungsgruppe:

  • Gruppe I: geringes Risiko → 2,5 Std./Jahr je Beschäftigten

  • Gruppe II: mittleres Risiko → 3,0 Std./Jahr je Beschäftigten

  • Gruppe III: hohes Risiko → 4,5 Std./Jahr je Beschäftigten

Diese Zeiten teilen sich auf in:

  • Fachkraft für Arbeitssicherheit

  • Betriebsarzt

B) Betriebsspezifische Betreuung

→ Ergänzende Betreuung bei besonderen Themen, z. B.:

  • neue Maschinen/Prozesse

  • psychische Belastungen

  • besondere Gefährdungen (z. B. Gefahrstoffe)

  • Umbauten, Erweiterungen

  • Unfallhäufung

  • spezielle Unterweisungen

Die Zeit wird bedarfsgerecht festgelegt.

2. Alternative bedarfsorientierte Betreuung (Unternehmermodell)

Gilt für Betriebe bis 50 Beschäftigte (je nach BG):

  • Unternehmer nimmt an Schulungen der BG teil

  • führt Arbeitsschutzaufgaben eigenständig aus

  • holt Sifa/Betriebsarzt bei Bedarf hinzu

Wichtig: Auch hier besteht die Pflicht zur Bestellung – aber die Fachkräfte werden anlassbezogen tätig.

3. Erweiterte Betreuung (für Großunternehmen)

Für sehr große oder komplexe Betriebe können erweiterte Modelle vereinbart werden, z. B.:

  • eigene Arbeitsschutzabteilungen

  • betriebsärztliche Dienste

  • feste Einsatzzeiten von Sifa/Betriebsarzt vor Ort

Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung

Grundbetreuung

Hierbei handelt es sich um allgemeine, wiederkehrende Aufgaben, die unabhängig von der Branche und Betriebsart gelten. Sie umfasst drei Module:

  • Modul 1: Gefährdungsbeurteilung, Beratung bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen und dem Einsatz von Arbeitsmitteln und -stoffen.
  • Modul 2: Schulung und Unterweisung der Beschäftigten.
  • Modul 3: Teilnahme an Besprechungen und Ausschüssen für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit.

Betriebsspezifische Betreuung

Diese ist abhängig von den spezifischen Gefährdungen und Bedürfnissen des Unternehmens und kann zusätzliche Maßnahmen umfassen, wie z.B. besondere Gesundheitsüberwachungen oder spezifische Schutzmaßnahmen.

Welche Aufgaben haben Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt gemäß DGUV V2?

Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa)

  • Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung

  • regelmäßige Betriebsbegehungen

  • Beratung bei Arbeitsmitteln, Maschinen, PSA

  • Analyse von Unfällen und Berufskrankheiten

  • Mitwirkung bei Unterweisungen

  • Beratung bei neuen Verfahren, Arbeitsplätzen, Umbauten

  • Prüfung sicherheitstechnischer Maßnahmen

Aufgaben des Betriebsarztes

  • arbeitsmedizinische Vorsorgen

  • Beratung zu Gesundheitsschutz, Ergonomie, Belastungen

  • Untersuchung gesundheitlicher Risiken

  • Teilnahme an ASA-Sitzungen

  • Beratung zu psychischen Belastungen

  • Impfangebote, Hygienekonzepte

Beide unterstützen den Arbeitgeber – die Verantwortung bleibt jedoch beim Unternehmen.

Wie erfolgt die Berechnung der Betreuungszeiten?

Die Grundformel lautet:

Anzahl der Beschäftigten × Betreuungszeit der Gefährdungsgruppe

Beispiel:
30 Mitarbeitende, Gruppe II →
30 × 3,0 Std. = 90 Stunden/Jahr (Sifa + Betriebsarzt zusammen)

Die Aufteilung erfolgt meist:

  • 60 % Sifa

  • 40 % Betriebsarzt

→ Abweichungen sind je nach Gefährdungsprofil möglich.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit externer Betreuung nach DGUV V2?

Unternehmen können entweder interne Fachkraft/Betriebsarzt beschäftigen oder externe Dienste beauftragen.

Wichtig für gute Zusammenarbeit:

  • klar definierte Aufgaben (Vertrag, Betreuungsumfang)

  • feste Ansprechpartner

  • regelmäßige Begehungen

  • ASA-Sitzungen (ab 20 Beschäftigten)

  • Dokumentation aller Maßnahmen

  • Einbindung in Veränderungen im Betrieb

Externe Fachkräfte unterstützen bei technischen, organisatorischen und rechtlichen Themen – müssen jedoch gut eingebunden werden.

Was müssen Arbeitgeber bei der Umsetzung beachten?

Unternehmerpflichten:

  1. Schriftliche Bestellung von Sifa und Betriebsarzt

  2. Gefährdungsbeurteilungen durchführen

  3. Grund- und betriebsspezifische Betreuung sicherstellen

  4. Arbeitsschutzorganisation aufbauen

  5. Unterweisungen regelmäßig durchführen

  6. Arbeitsausschuss (ASA) ab 20 Beschäftigten

  7. Dokumentation aller Prozesse

  8. Regelmäßige Wirksamkeitskontrolle

Verstöße können zu Auflagen, Bußgeldern, Haftungsrisiken oder Problemen nach Arbeitsunfällen führen.

Was passiert, wenn Unternehmen die DGUV Vorschrift 2 nicht einhalten?

Die Nicht-Einhaltung der DGUV Vorschrift 2 ist kein „Formfehler“, sondern ein klarer Verstoß gegen gesetzliche Arbeitsschutzpflichten. Da die DGUV V2 das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) konkretisiert, führt ein Verstoß zu technischen, organisatorischen und rechtlichen Konsequenzen.

Typische Folgen:

1. Auflagen und Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörde

Bei Kontrollen durch Gewerbeaufsicht, Staatliche Ämter oder Berufsgenossenschaft kann festgestellt werden, dass keine oder eine unzureichende Betreuung besteht.
Die Behörde kann dann:

  • verbindliche Auflagen erteilen,

  • Fristen setzen,

  • zusätzliche Nachweise verlangen,

  • weitere Kontrollen anordnen.

2. Bußgelder und Ordnungswidrigkeiten

Je nach Schwere und Dauer des Verstoßes sind erhebliche Bußgelder möglich – sowohl für den Arbeitgeber als auch für die verantwortlichen Führungskräfte.
Besonders kritisch wird es, wenn:

  • keine Sifa oder kein Betriebsarzt bestellt sind,

  • Betreuungszeiten nicht erfüllt wurden,

  • Gefährdungsbeurteilungen fehlen.

Hier greifen ASiG, DGUV-Vorschriften und landesrechtliche Bestimmungen.

3. Haftungsrisiken nach Arbeitsunfällen

Kommt es zu einem Arbeitsunfall und die DGUV V2 wurde nicht eingehalten, kann dies:

  • als Mitverschulden des Arbeitgebers gewertet werden,

  • zu höheren Regressforderungen der Berufsgenossenschaft führen,

  • strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen, wenn grobe Fahrlässigkeit vermutet wird.

In der Unfallanalyse wird regelmäßig gefragt:
„War die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung ordnungsgemäß organisiert?“

4. Belastung für Versicherungs- und BG-Leistungen

Wird fahrlässiges Verhalten festgestellt, kann die BG:

  • Leistungen kürzen oder

  • Regress fordern (z. B. Behandlungskosten, Rentenleistungen).

5. Organisationsversagen in der Arbeitsschutzstruktur

Ohne fachkundige Betreuung entstehen sofort Lücken im Arbeitsschutz, u. a.:

  • fehlende oder veraltete Gefährdungsbeurteilungen

  • fehlende Unterweisungen

  • mangelhafte Prüf- und Kontrollsysteme

  • fehlende ASA-Sitzungen

  • unklare Verantwortlichkeiten

Dies erhöht das Risiko für Unfälle, Ausfälle, technische Mängel und rechtliche Streitigkeiten.

6. Reputations- und Kundenrisiken

Insbesondere im Bau, in der Logistik und in Industrieprojekten wird zunehmend verlangt:

  • Nachweis einer funktionierenden Arbeitsschutzorganisation

  • Teilnahme von Sifa & Betriebsarzt

  • Dokumentation der Betreuung

Fehlende DGUV-V2-Konformität kann zu Problemen bei Audits, Ausschreibungen oder Kundenprüfungen führen.

Kurz gesagt:

Die Missachtung der DGUV Vorschrift 2 führt zu Bußgeldern, Auflagen, Haftungsrisiken, Versicherungsproblemen und organisatorischen Sicherheitslücken – und betrifft Unternehmen aller Branchen. Eine ordnungsgemäße sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung ist daher nicht nur vorgeschrieben, sondern betriebswirtschaftlich unverzichtbar.

Fazit

Die DGUV Vorschrift 2 ist die praktische Basis des betrieblichen Arbeitsschutzes. Sie stellt sicher, dass jedes Unternehmen – unabhängig von Größe oder Branche – fachkundig betreut wird. Wer Sifa und Betriebsarzt sinnvoll einbindet, hat klare Vorteile:

  • weniger Unfälle

  • gesünderes Personal

  • höhere Rechtssicherheit

  • bessere Organisation

  • weniger Ausfallzeiten

Für Unternehmen ist die DGUV V2 damit ein zentraler Baustein für präventive, wirksame und nachhaltige Arbeitsschutzstrukturen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ja, für jedes Unternehmen mit mindestens einem Beschäftigten.