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Gefährdungsbeurteilung – Ihr Schlüssel zur Sicherheit am Arbeitsplatz

Gefährdungsbeurteilung – Pflicht, Ablauf und praktische Umsetzung im Betrieb

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein entscheidendes Element zur Gewährleistung der Sicherheit am Arbeitsplatz, um mögliche Gefahrenquellen am Arbeitsplatz zu erkennen und zu bewerten. Hierbei werden alle Arbeitsprozesse und -bedingungen unter die Lupe genommen, um potenzielle Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu identifizieren. Dazu gehören beispielsweise die Gefahr durch Lärm, Staub, Chemikalien oder auch ergonomische Belastungen. Durch die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen können Unternehmen frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um mögliche Gefahrenquellen zu beseitigen oder zu minimieren. Hierdurch wird das Risiko von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten deutlich reduziert. Zudem tragen Gefährdungsbeurteilungen dazu bei, dass sich die Mitarbeiter am Arbeitsplatz sicher und geschützt fühlen. Dies kann sich positiv auf die Arbeitsmotivation und das Arbeitsklima auswirken.

Gefährdungsbeurteilung – Pflicht, Ablauf und praktische Umsetzung im Betrieb – ITC Lexikon

Was genau ist eine Gefährdungsbeurteilung?

Im hektischen Arbeitsalltag kann es passieren, dass die Gesundheit der Mitarbeiter:innen zu kurz kommt. Sicheres und gesundes Arbeiten ist allerdings essenziell, wenn es um die Sicherheit von Mitarbeiter:innen sowie ihre Motivation und Leistungsfähigkeit geht. Hier kommt die Gefährdungsbeurteilung ins Spiel. Doch was versteht man darunter? Es wird dabei beurteilt, ob aus einer Tätigkeit eine Gefährdung für die Mitarbeiter:innen hervorgeht oder ob eine Schädigung der Gesundheit auftreten kann.

Das ist aber nur ein Teil der Gefährdungsbeurteilung, wie sie im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben ist. Immerhin bringt es nur wenig, über potenzielle Gefahren Bescheid zu wissen. Es müssen auch Maßnahmen ergriffen werden, die das Risiko reduzieren können. In diesem Zuge sollte die technische Regel für Betriebssicherheit genannt werden. Die TRBS 111 bildet die Grundlage für eine Gefahrenanalyse, die Gefährdungen am Arbeitsplatz feststellen soll.

Eine Gefährdungsbeurteilung beantwortet im Kern drei Fragen:

  1. Welche Gefährdungen bestehen bei der Arbeit?

  2. Wie hoch ist das Risiko für Beschäftigte?

  3. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um das Risiko zu minimieren?

Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutzgesetz

Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist festgelegt, dass eine Gefährdungsbeurteilung wichtig ist. Der § 5 ist hier ausschlaggebend: Arbeitgeber:innen müssen Gefährdungen ermitteln, die aus der Arbeit hervorgehen können. Außerdem ist es essenziell, entsprechende Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ergreifen.

Darüber hinaus besagt das Gesetz, dass die Beurteilung je nach Art der Tätigkeit vorgenommen werden muss. Absatz 3 im § 5 unterscheidet 6 Faktoren, die eine Gefährdung mit sich bringen können:

  • Einrichtung und Gestaltung des Arbeitsplatzes
  • Biologische, chemische und physikalische Einwirkungen
  • Einsatz und Auswahl von Arbeitsmitteln wie Maschinen, Geräten und Anlagen
  • Gestaltung von Prozessen
  • Mangelnde Unterweisung und Qualifikation von Mitarbeiter:innen
  • Psychische Belastungen bei der Arbeit

Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Gefährdungsbeurteilung?

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind:

  • § 5 ArbSchG – Beurteilung der Arbeitsbedingungen

  • § 6 ArbSchG – Dokumentationspflicht

  • § 3 ArbSchG – Grundpflichten des Arbeitgebers

  • DGUV Vorschrift 1 – Grundsätze der Prävention

  • DGUV Vorschrift 2 – Betreuung durch SiFa und Betriebsarzt

  • BetrSichV – Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel

  • GefStoffV – Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe

  • ArbStättV – Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsstätten

Die Verantwortung liegt immer beim Arbeitgeber, auch wenn externe Berater eingebunden werden.

Warum ist die Gefährdungsbeurteilung verpflichtend?

Die Pflicht ergibt sich direkt aus dem Arbeitsschutzgesetz.
Jeder Arbeitgeber – unabhängig von Betriebsgröße oder Branche – muss eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, ab dem ersten Beschäftigten.

Die Gefährdungsbeurteilung ist Voraussetzung für:

  • rechtssicheren Arbeitsschutz

  • Unterweisungen

  • Auswahl von Schutzmaßnahmen

  • Prüfpflichten nach BetrSichV

  • DGUV-Vorschriften

  • Präventionsarbeit der Berufsgenossenschaft

Ohne Gefährdungsbeurteilung gilt der Arbeitsschutz als nicht ordnungsgemäß organisiert.

Rolle der Gefährdungsbeurteilung in verschiedenen Branchen

Im Arbeitsschutzgesetz ist klar geregelt, dass alle Arbeitgeber:innen regelmäßig eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen haben. Doch nicht nur das: Auch kontinuierliche Verbesserungen und Überprüfung sind essenziell, wenn es um die Sicherheit der Mitarbeiter:innen geht. In der DGUV-Vorschrift 1 sind „Grundsätze der Prävention“ detailliert beschrieben, die eine Rolle spielen. Somit ist klar, dass eine solche Beurteilung in verschiedenen Betrieben Anwendung findet.

Gefährdungsbeurteilung auf der Baustelle

Den ersten Platz in den Unfallstatistiken nach Branchen belegt das Baugewerbe. Deshalb sollte klar sein, dass vor allem hier eine eingehende Gefährdungsbeurteilung wichtig ist. In den vergangenen Jahren lag die Unfallquote bei mehr als 55 Fällen pro 1.000 Bauarbeiter. Daher ist es im ersten Schritt wichtig, die Gefährdungen am Bau vollständig zu erfassen. Im nächsten Schritt müssen die Gefährdungsaspekte erkannt und Schutzmaßnahmen festgelegt sowie koordiniert werden.

Von besonders großer Bedeutung auf der Baustelle ist die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Zwar gibt es in Deutschland keine gesetzliche Pflicht, auf der Baustelle einen Helm zu tragen, allerdings ist diese Form der persönlichen Schutzausrüstung unverzichtbar. Ebenso relevant sind Sicherheitsschuhe.

Gefährdungsbeurteilung im Büro

Manche Personen sind vielleicht der Meinung, dass eine Gefährdungsbeurteilung nur in Bereichen wie Baustellen relevant ist, in denen mit Maschinen und Werkzeugen gearbeitet wird. Allerdings ist es auch essenziell, in einem Büro für ein hohes Maß an Sicherheit zu sorgen.

In den meisten Büros ist Bildschirmarbeit an der Tagesordnung. Die Arbeitsstättenverordnung hat daher Maßnahmen und Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze klar geregelt. Körperliche Gefährdungen, die aus der Büroarbeit hervorgehen, können Bewegungsmangel, einseitige Belastungen und eine ungünstige Körperhaltung sein. Hier spielen somit Aspekte der Ergonomie eine wichtige Rolle.

Betriebsanweisung für Gefahrstoffe: Ein wichtiger Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung

In der Betriebsanweisung für Gefahrstoffe regeln Unternehmen den Umgang von Mitarbeiter:innen mit gefährlichen chemischen Stoffen. Somit spielen diese Inhalte bei der Gefährdungsbeurteilung eine wichtige Rolle. Die TRGS 400 kommt hier ins Spiel. Es handelt sich um die Beurteilung von Gefährdungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.

Wie wird eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt?

Es ist nicht genau festgelegt, wie eine Gefährdungsbeurteilung im Betrieb auszusehen hat. Arbeitgeber:innen genießen daher einen gewissen Spielraum. Das ist auch gut so, immerhin müssen sie sich auf diese Weise intensiv mit dem Thema befassen. Ein Schema F gibt es dabei nicht.

Viele Unternehmer:innen gehen nach dem Prinzip „Handlungsschritte der Gefährdungsbeurteilung“ vor. Es handelt sich um einen logisch aufgebauten Ablauf, der alle relevanten Schritte beinhaltet, die für eine wirkungsvolle Beurteilung von Gefährdungen notwendig sind. Als Grundlage für eine Beurteilung von Gefährdungen dient oft auch die BGHM-Information 102 der Berufsgenossenschaft.

Wir unterscheiden 7 Handlungsschritte:

  1. Tätigkeit oder Arbeitsbereich festlegen
  2. Gefährdungen ermitteln
  3. Risikobewertungen
  4. Maßnahmen ermitteln
  5. Geeignete Maßnahmen umsetzen
  6. Wirkungskontrolle
  7. Dokumentation und Fortschreibung

Eine Gefährdungsbeurteilung sollte keineswegs nur einmalig durchgeführt werden. Wie bei allen anderen Bereichen der Arbeitssicherheit gilt es, maximale Sicherheit durch regelmäßige Überprüfungen walten zu lassen. Außerdem sollten Unternehmer:innen über das nötige Fachwissen verfügen. Ist es nicht vorhanden, dann sollten Sie sich an Experten wie ITC Graf wenden.

Für wen muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden?

Die Gefährdungsbeurteilung gilt für:

  • alle Beschäftigten

  • Auszubildende

  • Leiharbeitnehmer (im Einsatzbetrieb)

  • Teilzeit- und Minijobkräfte

  • Führungskräfte

  • Tätigkeiten im Homeoffice (eingeschränkt, aber relevant)

Sie muss arbeitsplatz-, tätigkeits- oder bereichsbezogen erfolgen – nicht pauschal.

Welche Gefährdungsarten müssen besonders berücksichtigt werden?

Die Gefährdungsbeurteilung muss alle relevanten Gefährdungen erfassen, unter anderem:

Physische Gefährdungen

  • Stolpern, Rutschen, Stürzen

  • mechanische Gefahren an Maschinen

  • Lärm, Vibrationen

  • Hitze, Kälte

Chemische Gefährdungen

  • Gefahrstoffe

  • Stäube, Dämpfe, Gase

  • Hautkontakt, Einatmen

Biologische Gefährdungen

  • Bakterien, Viren, Pilze

  • Infektionsrisiken (z. B. Gesundheitswesen)

Ergonomische Gefährdungen

  • Heben und Tragen

  • Zwangshaltungen

  • Bildschirmarbeit

Elektrische Gefährdungen

  • elektrische Anlagen

  • ortsveränderliche Betriebsmittel

Psychische Belastungen

  • Arbeitsmenge

  • Zeitdruck

  • Schichtarbeit

  • soziale Konflikte

  • Arbeitsorganisation

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben.

Wie muss eine Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden?

Die Dokumentation muss enthalten:

  • Arbeitsbereich / Tätigkeit

  • identifizierte Gefährdungen

  • festgelegte Maßnahmen

  • Verantwortliche

  • Umsetzungsstatus

  • Datum / Aktualisierung

Formfrei – aber nachvollziehbar, aktuell und prüffähig.

Wie oft muss eine Gefährdungsbeurteilung aktualisiert werden?

Eine Gefährdungsbeurteilung ist kein einmaliges Dokument.

Sie muss aktualisiert werden bei z.B.:

  • neuen Maschinen oder Arbeitsmitteln

  • Änderungen von Arbeitsabläufen

  • neuen Gefahrstoffen

  • Unfällen oder Beinaheunfällen

  • neuen Erkenntnissen

  • organisatorischen Änderungen

  • spätestens in regelmäßigen Abständen (Best Practice: 2–3 Jahre)

Was passiert, wenn keine Gefährdungsbeurteilung vorliegt?

Fehlt die Gefährdungsbeurteilung oder ist sie mangelhaft, drohen:

  • Beanstandungen durch die BG

  • Auflagen und Nachkontrollen

  • Bußgelder

  • Regressforderungen nach Unfällen

  • strafrechtliche Konsequenzen bei grober Fahrlässigkeit

Bei Arbeitsunfällen ist eine fehlende Gefährdungsbeurteilung eines der schwersten Organisationsverschulden.

Wie hängt die Gefährdungsbeurteilung mit anderen Arbeitsschutzpflichten zusammen?

Sie ist die Grundlage für:

  • Unterweisungen

  • Betriebsanweisungen

  • PSA-Auswahl

  • Prüfintervalle

  • Notfallmaßnahmen

  • Schulungsbedarfe

  • ASA-Sitzungen

  • BG-Prüfungen

Ohne Gefährdungsbeurteilung ist der gesamte Arbeitsschutz nicht schlüssig.

Fazit

Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Fundament des betrieblichen Arbeitsschutzes. Ohne sie sind Arbeitsschutzmaßnahmen rechtlich unvollständig und praktisch kaum wirksam. Sie ist keine Formalität, sondern die Grundlage für Unterweisungen, technische Schutzmaßnahmen, Prüfpflichten und Präventionskonzepte.

Sie hilft Unternehmen, Risiken systematisch zu erkennen, Maßnahmen zielgerichtet umzusetzen und Unfälle nachhaltig zu vermeiden. Wer die Gefährdungsbeurteilung ernst nimmt und regelmäßig pflegt, schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern verbessert Arbeitsbedingungen, Motivation und Produktivität gleichermaßen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Eine Gefährdungsbeurteilung ist eine systematische Bewertung von Arbeitsplätzen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufen, um mögliche Gefahren und Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu identifizieren.